4. Regional und international
Im Europainstitut waren führende Positionen mit Persönlichkeiten aus der Basler Region besetzt. Zu nennen sind die drei sich folgenden Stiftungsratspräsidenten, die Proff. Frank Vischer und Kurt Jenny sowie Dr. Thomas Staehelin, weiterhin die jeweiligen Präsidenten der Interfakultären Kommission, die Proff. Silvio Borner (oec.), Ingeborg Schwenzer (iur.) und Josef Mooser (hist.) und die Präsidenten des Fördervereins Philippe Levy, Stefan Cornaz, Thomas Staehelin, Christian J. Haefliger, Lukas Engelberger und Christian Egeler. Es war ein grosser Glücksfall, dass in den ersten Jahren der hoch angesehene Prof. Dr. iur. Frank Vischer, ehemaliger Rektor der Universität, an der Spitze der Stiftung Europainstitut stand; dies sicherte bei den Universitätsbehörden die nötige Offenheit und bei der Privatwirtschaft die nötige Unterstützungsbereitschaft.
Das Institut war ein Basler Institut, das zeigten auch die für den betrieblichen Rahmen verantwortlichen eben genannten Personen. Wegen der Studieninhalte, der Dozierenden und Studierenden war das Institut aber gleichfalls eine internationale Einrichtung. Im Juni 1997 wurde es im Newsletter wie folgt vorgestellt: „Das schöne Haus im Park ist auch eine kleine Insel – aber nicht einfach ein heiteres Paradies des nur unbeschwerten Nachdenkens, sondern ein Ort harten Arbeitens, während draussen die Sonne scheint und die Vögel zwitschern. Eine Insel ist es insbesondere darum, weil hier auf schweizerischem Boden eine kleine internationale Gemeinschaft an der Arbeit ist. (...) 12 Nationen sind im letzten Kurs zusammen gewesen. Das bringt einen reichen Erfahrungsaustausch.“
Von dieser Insel aus bot das Institut häufig Exkursionen nach Strassburg, Luxemburg und Brüssel an. Die Teilnahmen an den Moot-Court-Wettbewerben gaben ebenfalls Gelegenheit, mit der „weiten Welt“ in Berührung zu kommen: Anhand eines fiktiven Falles üben die Studierenden die praktische Arbeit von Anwälten. Die Teams des Europainstituts qualifizierten sich in der Regel mit ihren schriftlichen Eingaben für die „Regional Finals“, sie reisten dann an Austragungsorte mit einer Spannweite von Dublin bis Thessaloniki. Einmal, vom 7. bis 9. Februar 2002, war Basel Gastgeber und führte den internationalen Wettbewerb im Saal des Grossen Rates durch. Neun Studierendenteams aus acht Ländern reisten an, um sich in Rhetorik und Europarecht zu messen. Im Vorjahr, 2001, hatten sich die Basler für den „All European Final“ qualifiziert.
Basel verstand sich zeitweise gerne als Europastadt. Zu einem grossen Teil beschränkte sich das Europaengagement jedoch auf die Betonung, dass man mit der „Regio Basiliensis“ eine wichtige Institution der grenzüberschreitenden Mikrointegration geschaffen habe.4 Trotz gegenseitiger Wertschätzung und formellem Einsitz der „Regio“ in Gremien des Europainstituts gab es aber nur eine lockere Zusammenarbeit. Die „Regio“ brauchte für ihren Job das Institut nicht, und das Institut hatte in „Regio“-Fragen keine eigene Expertise. Im Mai 2003 führten Europainstitut und „Regio“ allerdings die gemeinsame Veranstaltung „Vierzig Jahre Schweiz im Europarat“ durch.5 Mit anderen internationalen Inseln in Basel hat die „Insel“ Europainstitut ebenfalls punktuelle Kontakte: etwa mit der EUROFIMA an der Rittergasse oder der BIZ; ihr Generaldirektor Alexandre Lamfalussy war Gastredner der Diplomfeier. Eigentlich müsste man auch die Messe Basel hinzuzählen, denn nicht zufällig war einer ihrer Direktoren, der ehemalige Spitzendiplomat Philipp Levy, einmal Präsident des Fördervereins des Instituts.
Das Basler Europainstitut suchte auch Kontakt und Kooperation mit anderen Europainstituten. Am 29./30. Oktober 1997 lud es ins elsässische Klingenthal zu einem Seminar mit Vertretern von etwa sieben anderen Instituten. Man wollte voneinander lernen und abklären, ob Zusammenarbeit in der Lehre möglich sei. Ein „double degree“ in Zusammenarbeit mit dem Europadepartement der University of Essex kam damals über erste Sondierungen jedoch nicht hinaus. Im Rahmen seiner Internationalisierungsstrategie hat das Europainstitut allerdings insbesondere in den letzten Jahren weltweit Forschungskontakte geknüpft, u.a. zu Institutionen in Indien, Deutschland, Polen, Japan, Marokko und Aserbaidschan, die den Studierenden und Forschenden vielfältige Austauschmöglichkeiten bieten.
4 Georg Kreis, Die "Euroregion Oberrhein" und die "Regio Basiliensis". In: Europa und seine Regionen. Hg. v. Elisabeth Vyslonzil und Gottfried Stangler. Frankfurt a. M. 1996. S. 94-106. – Ders. (Hg.), Grenzüberschreitende Mikrointegration. Der Basler Dreiländerraum gestern-heute-morgen. Basel 2012.
5 Eric Jakob, Martin Weber (Hg.), 40 Jahre Schweiz im Europarat. Basel 2003.
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1: Ausgangslage
- Teil 2: Ein Pionierprojekt
- Teil 3: Ein Teil der Universität
- Teil 4: Regional und International
- Teil 5: Das Ausbildungsangebot
- Teil 6: Die Interdisziplinarität
- Teil 7: Kleines Team – grosse Aufgabe
- Teil 8: Die Finanzierung
- Teil 9: Angesehene Gäste
- Teil 10: Die Domizile
- Teil 11: Ein Ende und ein Anfang
- Teil 12: Global, transnational, historisch und digital
- Teil 13: 2018-2023: Umbruch und Transformation
Über den Autor
Prof. Dr. Georg Kreis war von 1993 bis 2011 Leiter des Europainstituts der Universität Basel, wo er auch weiterhin unterrichtet. 2008 wurde er als Professor für Neuere Allgmeine Geschichte und Schweizer Geschichte am Historischen Seminar der Universität Basel emeritiert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte der europäischen Integration, internationale Beziehungen, Fragen der Identität, Nationalismus sowie die Geschichte des Zweiten Weltkriegs, Genozid, kollektive Erinnerungen und Repräsentationen des Vergangenen.