13. 2018-2023: Umbruch und Transformation
Das Jubiläumsjahr 2018 machte allen Anschein, als liesse sich die Erfolgsgeschichte des EIB in bekannter Weise fortschreiben. Das Studienangebot des Instituts erfreute sich einer wachsenden Nachfrage und die Zahl der Einschreibungen stieg von 2014 mit 84 MA-Studierenden auf 194 MA-Studierende im Jahr 2022. Ebenso verzeichneten die eingeworbenen Drittmittel eine beeindruckende Zunahme und hatten sich zwischen 2018 und 2022 mehr als verdoppelt. Das Interesse an European Global Studies erlaubte 2017 die Schaffung eines Graduiertenkollegs, das 2022 16 Doktorierende in European Global Studies aufwies. Und schliesslich sollte die erfolgreiche Gründung eines hochkarätig besetzten wissenschaftlichen Beirats im Jahr 2020 deutlich zeigen, dass das Institut in der Scientific Community weltweit zur Kenntnis genommen wird und die Unterstützung namhafter Kollegen und Kolleginnen findet.
Als das EIB im November 2019 von der Gellertstrasse in die Sandgrube umzog, schienen gleich zwei Anliegen eingelöst worden zu sein: Der neue Standort bot mehr Platz, und das wunderbare Sommerhaus aus dem 18. Jahrhundert realisierte die ganz spezielle Atmosphäre des intellektuellen Austausches über alle disziplinären und kulturellen Grenzen hinweg. Doch dann kam COVID – an ein Einweihungsfest des neuen Standortes war nicht zu denken. Eine ganze Generation Masterstudierenden bekamen die Sandgrube nur als virtuellen Hintergrund zu Gesicht. Es galt, die Bedeutung der analogen Begegnung als Zukunftsversprechen zu kommunizieren. Susanna Burghartz und Madeleine Herren publizierten 2021 «Seide, Samt, Papier» und stellten mit dem Paradox der Globalgeschichte eines doch immer am gleichen Ort befindlichen Hauses die enge Verflechtung der Lokal- und der Globalgeschichte dar. Analytisch trafen sich im Chinazimmer nun die im globalen Handel tätigen Migrationsgesellschaften - der neue Standort hatte für die EIB-Community ein innovatives und zukunftsweisendes Narrativ gewonnen.
COVID bedeutete also keineswegs, dass ein kosmopolitischer intellektueller Austausch nicht mehr möglich wäre und die Globalisierung ihr intellektuelles Ende gefunden hätte. Der während der Pandemie für alle geltende Zwang zur digitalen Konversation verwischte letztendlich die Distanzen – wer nicht mehr zusammen im gleichen Hörsaal sitzen konnte, scheute sich auch nicht, virtuell eine Vorlesung in Japan zu besuchen. Und schliesslich sorgte der virtuelle Austausch zumindest in der Lehre für einen technischen Innovationsschub. Dennoch waren grosse Schwierigkeiten zu bewältigen, die weit über das Ende der Pandemie andauerten: Die Kooperationen und der Austausch von Fellows waren erschwert, die der Pandemie folgenden Krisen und Kriege liessen den Anspruch eines analytischen Zuganges zu einer vielfältigen, diversen und spannungsgeladenen Welt vielleicht noch schwieriger, aber letztendlich noch dringlicher erscheinen.
Am 1. Juni 2023 hat der britische Umwelthistoriker Corey Ross, von seiner Vorgängerin Madeleine Herren sorgfältig eingeführt, die Leitung des Europainstituts übernommen. Der Jahresbericht 2022 hält fest: «Damit ist eine erfolgreiche Fortsetzung des Masters European Global Studies im innovativen Bereich der Umweltwissenschaften und damit in einem der zusehends von Masterstudierenden bevorzugten Themenbereiche gesichert.» Mit anderen Worten, das Institut wird sich künftig verstärkt den sozial-ökologischen Beziehungen zwischen Europa und dem Rest der Welt widmen wird – Themen, die angesichts der multidimensionalen Krisen des 21. Jahrhunderts stetig an Bedeutung gewinnen.
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1: Ausgangslage
- Teil 2: Ein Pionierprojekt
- Teil 3: Ein Teil der Universität
- Teil 4: Regional und International
- Teil 5: Das Ausbildungsangebot
- Teil 6: Die Interdisziplinarität
- Teil 7: Kleines Team – grosse Aufgabe
- Teil 8: Die Finanzierung
- Teil 9: Angesehene Gäste
- Teil 10: Die Domizile
- Teil 11: Ein Ende und ein Anfang
- Teil 12: Global, transnational, historisch und digital
- Teil 13: 2018-2023: Umbruch und Transformation
Über den Autor
Prof. Dr. Georg Kreis war von 1993 bis 2011 Leiter des Europainstituts der Universität Basel, wo er auch weiterhin unterrichtet. 2008 wurde er als Professor für Neuere Allgmeine Geschichte und Schweizer Geschichte am Historischen Seminar der Universität Basel emeritiert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte der europäischen Integration, internationale Beziehungen, Fragen der Identität, Nationalismus sowie die Geschichte des Zweiten Weltkriegs, Genozid, kollektive Erinnerungen und Repräsentationen des Vergangenen.