Dr Danelle van Zyl-Hermann

Dr. Danelle van Zyl-Hermann
Postdoc
Europainstitut der Universität Basel
Riehenstrasse 154
CH-4058 Basel

Ich bin Historikerin für das Afrika des 20. und 21. Jahrhunderts aus globaler Perspektive, mit besonderem Interesse an Perioden des sozialen Wandels und des politischen Übergangs sowie an der Wechselwirkung zwischen Strukturen und Subjektivitäten bei der Gestaltung historischer Handlungsfähigkeit und Erfahrung in solchen Kontexten. Ich arbeite vor allem mit einer Kombination aus politökonomischen, sozialgeschichtlichen und globalgeschichtlichen Ansätzen. Meine bisher veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten konzentrieren sich hauptsächlich auf das koloniale und postkoloniale Süd- und Ostafrika. Hierbei beschäftige ich mich vor allem mit Fragen rund um Race und Klasse, Arbeit, Identität, Staatsbildung, Wissensproduktion und Gesundheit. Mein neuestes Projekt erweitert dieses Repertoire um das Thema der globalen Ressourcenpolitik. Mit Forschung auf Basis von Archivmaterialien verfolgt meine Arbeit einen interdisziplinären Ansatz, der unter anderem «oral history», visuelle sowie ethnografische Methoden einbezieht. Insgesamt ist meine Forschung grundlegend geprägt von meinem Verständnis der Geschichtswissenschaft als einer Form kritischer Politik – als Mittel, die Gegenwart zu verstehen und ihr zu begegnen, insbesondere im Hinblick auf die asymmetrischen globalen Machtverhältnisse, in die afrikanische Gesellschaften historisch eingebettet sind.  

Mein erstes Buch, Privileged Precariat: White Workers and South Africa’s Long Transition to Majority Rule (Cambridge University Press, 2021), untersucht die Erfahrungen der weissen Arbeiterklasse während des Übergangs Südafrikas von der Apartheid zur Mehrheitsherrschaft von den 1970er Jahren bis heute. Es widerlegt das gängige Narrativ vom südafrikanischen „Exzeptionalismus“ und zeigt, dass die lokalen Veränderungen in den Beziehungen zwischen Arbeit, Kapital und Staat seit den 1970er Jahren und damit auch die Veränderungen in den Strategien und der Politik der weissen Arbeiterklasse ein Produkt sowohl der wirtschaftlichen und ideologischen Widersprüche der späten Apartheid wie auch der sich wandelnden globalen politischen Ökonomie im Zuge des Aufstiegs des Neoliberalismus und der Identitätspolitik waren. 

Mein zweites Buchprojekt verlagert den Fokus auf einen anderen Übergangszeitraum: das spätkoloniale und frühpostkoloniale Kenia. Hier untersuche ich die Rolle staatlicher und nichtstaatlicher Akteure, sowohl lokaler als auch internationaler, bei den Bemühungen zur Bekämpfung der Tuberkulose. Mich interessiert besonders, afrikanische Erfahrungen und Beiträge zur Produktion von Gesundheitswissen – sei es im Dorf oder im Labor – aufzudecken und zu untersuchen, was die Rezeption und Verbreitung dieses Wissens in imperialen und internationalen Netzwerken über Macht und Handlungsfähigkeit in einer Zeit aussagt, die von westlicher biomedizinischer Hybris, antikolonialem Kampf und Entwicklungspolitik geprägt war. 

Diese Forschungsschwerpunkte haben zu verschiedenen internationalen Konferenzen und gemeinsamen Publikationen geführt, beispielsweise zu den Themen weisse Macht, Privilegien und Subjektivitäten im heutigen Südafrika, Simbabwe, der Demokratischen Republik Kongo und Kenia, The politics of whiteness in Africa (Africa, 2017); die historische Ko-Konstitution von Race und Klasse in den weissen Gesellschaften des südlichen Afrikas während der Ära der weissen Minderheitsherrschaft, Rethinking White Societies in Southern Africa, 1930s to 1990s (Routledge, 2020); und visuelle Methoden in der Afrikanische Medizingeschichte („Photographs as sources”, Bulletin of the History of Medicine, erscheint 2025). Ich habe auch zu Themen wie Nationalpopulismus, Landenteignung, Gerüchten, und Nostalgie publiziert und als Gastautorin Kapitel zu Sammelbänden über Geschichtsschreibung nach der Apartheid, nationale Identität und Staatsbildung in Afrika sowie zur Geschichte der Entwicklungspolitik in Afrika beigetragen. In den letzten Jahren habe ich einige dieser Themen in breiteren öffentlichen Foren wie den digitalen Publikationen Africa is a country und African Arguments sowie in Interviews für Radio SRF und SWI/swissinfo diskutiert (ausführliche Informationen unter „Veröffentlichungen“ weiter unten). 

Am Europainstitut entwickle ich ein neues Forschungsprojekt, das bestimmte afrikanische Rohstoffe als Ausgangspunkt nutzt, um die globale politische Ökonomie afrikanischer Ressourcen in den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zu untersuchen. Dieses weitreichende Projekt verbindet die Geschichte der spätkolonialen Entwicklung Afrikas, den Wiederaufbau Europas nach dem Krieg und die Entstehung der internationalen Nachkriegsordnung, um eine Neuinterpretation der Nachkriegszeit aus afrikanischer Perspektive anzubieten. Ein solches Projekt ist sowohl aktuell als auch notwendig vor dem Hintergrund des gegenwärtigen wissenschaftlichen und öffentlichen Interesses an der historischen und zeitgenössischen Verflechtung Afrikas und des Westens, von akademischen Bemühungen zur Dezentralisierung Europas bis hin zu öffentlichen Debatten über Provenienz, Restitution und Dekolonialität (weitere Informationen zu meinen laufenden Projekten unter „Forschungsprojekte” weiter unten). 

African resources, the reconstruction of Europe, and the making of the postwar order 

Nach 1945, angesichts der Zerstörung von Städten, Infrastrukturen, Industrien und Volkswirtschaften infolge des Zweiten Weltkriegs, richteten europäische Imperialmächte wie Großbritannien, Frankreich und Belgien ihr Augenmerk auf ihre afrikanischen Kolonien als Rohstoff- und Einnahmequellen, um den Wiederaufbau ihrer Metropolen zu finanzieren. Dieses Projekt untersucht anhand spezifischer Rohstoffe die politische Ökonomie der afrikanischen Ressourcen im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau Europas und der Gestaltung der internationalen Nachkriegsordnung. Der Schwerpunkt liegt auf westafrikanischem Holz, südafrikanischem Asbest und zentralafrikanischem Kupfer – drei Rohstoffen, die für den physischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau, strategische Industrien und Deviseneinnahmen von entscheidender Bedeutung waren. Der analytische Schwerpunkt liegt auf der Nachzeichnung der Debatten, Strategien und Auseinandersetzungen, die den Zugang zu und die Verteilung dieser wichtigen Ressourcen zwischen und über koloniale, metropolitane, kontinentale und internationale Foren hinweg belebten und an denen staatliche Akteure, kommerzielle Interessenten und internationale Organisationen beteiligt waren. Dieses Projekt ist das erste, das Afrika in eine integrative, mehrstufige Analyse der Nachkriegszeit stellt. Die Anschubfinanzierung für die Entwicklung dieses Projekts wurde vom Forschungsfonds für Nachwuchsforschende der Universität Basel gewährt. 

Tuberculosis control and the politics of public health in Kenya, 1950s-60s  

Dieses Buchprojekt untersucht die Politik der Wissensproduktion im spätkolonialen und frühpostkolonialen Kenia, wobei der Schwerpunkt auf Tuberkuloseforschung und Gesundheitsmassnahmen im Kontext der Mau-Mau-Bewegung und des Übergangs zur Demokratie liegt. Es untersucht die lokalen Bedingungen, rassifizierten Machtverhältnisse und imperialen/globalen Netzwerke, die die Wissensproduktion und -praxis im Gesundheitsbereich prägen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der Aufdeckung afrikanischer Erfahrungen und Beiträge liegt. Dieses Projekt wurde im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Forschungskonsortiums „African Contributions to Global Health” entwickelt. Das interdisziplinäre Konsortium umfasste drei Schweizer Institutionen – Afrikanische Geschichte/Universität Basel; Public Health/Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut; Stadtplanung/École Polytechnique Fédérale de Lausanne – sowie Partnerinstitutionen in Sambia, Kenia, Tansania, Côte d’Ivoire, Togo, Burkina Faso und Nigeria. 

Photographs as sources for writing histories of medicine, health and healing in post/colonial Africa 

Historiker:innen, die sich mit gesundheitsbezogenen Themen in Afrika befassen, begegnen in ihrer Forschung regelmässig den unterschiedlichsten Fotografien: von bedeutenden Ereignissen und prominenten Persönlichkeiten bis hin zu scheinbar alltäglichen klinischen Arbeiten, Büros, Gebäuden, Geräten, namenlosen Patient:innen und Mitarbeitenden – oft „in the field“ – sowie Präparaten und Anatomie. Dennoch wurden Fotografien in der Geschichtsschreibung von Gesundheit und Heilung in Afrika bisher nicht systematisch als historische Quellen genutzt. Zwar gibt es in der Medizingeschichte Afrikas zahlreiche Fotografien, doch handelt es sich dabei in der Regel um provokative, aber unerforschte Titelbilder und Illustrationen, die eher als Ergänzung, denn als Erweiterung oder Infragestellung von Analysen auf der Grundlage schriftlicher Quellen dienen. Dieses Projekt, das vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert wird, bringt Nachwuchswissenschaftler:innen und etablierte Wissenschaftler:innen aus Institutionen in Afrika, Europa und Nordamerika zusammen, die an der Schnittstelle von Bild-, Medizin- und Afrikageschichte arbeiten, um die Möglichkeiten und Herausforderungen der Verwendung von Fotografien für die Geschichtsschreibung über Gesundheit und Heilung im kolonialen und postkolonialen Afrika zu untersuchen. In einer Sonderausgabe des Bulletin of the History of Medicine (erscheint 2025) diskutieren wir Themen wie die Fiktion der fotografischen Transparenz, affektives Betrachten und ethische Fragen der Reproduktion und Interpretation, und bieten eine Reihe von Analysewerkzeugen, um diese anzugehen. Diese Publikation ist die erste, die die Schnittstelle zwischen visueller, medizinischer und afrikanischer Geschichte als produktive Analyse etabliert, die das Feld der afrikanischen Geschichte vorantreibt. 

Wissenschaftliche Positionen 

2025 – present Postdoctoral Research Fellow, Institute for European Global Studies, University of Basel 

2018 – 2025 Postdoctoral Research Fellow and Lecturer in African History, Department of History, University of Basel 

2014 – 2018 Postdoctoral Research Fellow, International Studies Group, University  

of the Free State 

 

Akademische Qualifikationen 

2014 PhD in History, University of Cambridge  

2009 MPhil in History (European Expansion and Globalisation), cum laude, Leiden University  

2007 BA Honours in History, cum laude, Stellenbosch University  

2006 BA International Studies, cum laude, Stellenbosch University  

 

Auszeichnungen und Förderungen (Auswahl) 

2024 University of Basel Research Fund for Excellent Junior Researchers Grant  

2024 Gerda Henkel Foundation General Research Grant 

2020 Swiss National Science Foundation Scientific Exchanges Grant 

2020 Freiwillige Akademische Gesellschaft Basel Grant 

2018 Swiss Government Excellence Fellowship for Foreign Scholars (ESKAS) 

2018 South African National Research Foundation Innovation Postdoctoral Fellowship 

Neueste Veröffentlichungen – vollständige Liste der Veröffentlichungen auf ORCID verfügbar 

Van Zyl-Hermann, D. and Williams, R. ‘Photographs as sources for writing histories of medicine, health and healing in colonial and postcolonial Africa’, Bulletin of the History of Medicine, (forthcoming 2025). 

Van Zyl-Hermann, D. ‘New histories of race and class in South Africa’, in T. Simpson (ed), History beyond Apartheid: New Approaches in South African Historiography. Manchester: Manchester University Press, 2023. 

Van Zyl-Hermann, D., Hammel, T., Burri, C., Chenal, J., Fink, G., Konou, A.A., Nébié, E., Osei Afriyie, D., Pessoa Colombo, V., Utzinger, J. and Tischler, J., ‘African Contribution to Global Health: Circulating Knowledge and Innovation’, Global Public Health, 2022.  

Van Zyl-Hermann, D. and Verbuyst, R. ‘“The real history of the country”? Expropriation without compensation and competing master narratives about land (dis)possession in South Africa’, Journal of Southern African Studies, 48(5), 2022, 825-842. 

Van Zyl-Hermann, D. Privileged precariat: White workers and South Africa’s long transition to majority rule. Cambridge: Cambridge University Press, 2021 and University of KwaZulu-Natal Press, 2023 (Southern Africa edition). 

Van Zyl-Hermann, D. ‘A new “state” for the “nation”: Extra-parliamentary mobilisation and white minority politics in post-apartheid South Africa’, in M. Castells and B. Lategan (eds.), National Identities and State Formation. Cambridge: Polity Press, 2021. 

Money D. and Van Zyl-Hermann, D., Rethinking White Societies in Southern Africa, 1930s-1990s. Oxon: Routledge, 2020.  

Ich habe eine Reihe von Kursen zur afrikanischen Geschichte seit 1800 konzipiert, durchgeführt und bewertet – mit unterschiedlichen thematischen, nationalen, regionalen oder globalen Schwerpunkten – an der Stellenbosch University, der University of Cambridge und der Universität Basel, darunter auch gemeinsame Lehrveranstaltungen mit Kolleg:innen aus den Bereichen Anthropologie und Soziologie. Zu den Themen gehörten Race als historischer Begriff, Debatten zur öffentlichen Gesundheit in den Afrikastudien, Kämpfe um Staatsbürgerschaft in Südafrika und die verflochtene Geschichte Europas und Afrikas nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine vollständige Liste meiner früheren und aktuellen Kurse an der Universität Basel ist im Vorlesungsverzeichnis zu finden.  

Darüber hinaus habe ich während meiner Postdoc-Tätigkeit an der University of the Free State eine Reihe von Master- und Doktorarbeiten zu Themen der Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte des südlichen Afrikas im 20. Jahrhundert mitbetreut. 

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