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Was nach dem Anfang kam
Prof. Georg Kreis, Gründungsdirektor des Europainstituts, lässt die vergangenen 25 Institutsjahre Revue passieren. Mit Blick auf Anfänge und Meilensteiene des Instituts erklärt der Historiker, wie das EIB zu einem kleinen, aber wichtigen Reflex auf eine der grossen Herausforderungen einer Welt im Wandel geworden ist.
Der grosse Historiker Marc Bloch hat davor gewarnt, die sogenannten Anfänge von etwas zu überschätzen. Geburtstag und erst recht halbrunde Jubiläen, beziehen sich auf Anfänge. Das Europainstitut hat (zusammen mit dem Vertrag von Maastricht) am 1. November 1993 seinen Betrieb aufgenommen. Das konnte freilich nicht aus dem Nichts geschehen. Bereits im Vorjahr musste eine Stiftung gegründet, die Finanzierung gesichert, ein Lehrplan entwickelt, ein Dozententeam rekrutiert, ein Domizil gefunden und – last but not least – mussten auch Studierende gewonnen werden.
Dieser Vorlauf ist unter historischen Gesichtspunkten darum wichtig, weil er zeigt, dass bereits vor dem dramatischen Nein zum EWR vom 6. Dezember 1992 die Einsicht bestand, dass die Europakenntnisse in unserem Land defizitär waren. Das waren sie in anderen Ländern sicher auch, hatte aber im Falle einer direkten Demokratie mit Basismitbestimmung direkte Konsequenzen. Nach dem 6. Dezember war man erst recht gewillt, mit einem akademischen Projekt einen Beitrag zur Reduktion dieses Defizits zu leisten.
Selbst eine Kürzestgeschichte darf sich nicht darauf beschränken, die gloriosen Gründungstage in Erinnerung zu rufen. Das noch Wichtigere findet nach den Anfängen statt. Es ist der einfache Umstand zu würdigen, dass der Jubilar bis zum Jubiläumsjahr eine Entwicklung durchmachte, die zu würdigen ist oder wäre. Hier seien bloss drei Meilensteine genannt: Auf Herbstsemester 1998 erfolgte die vollstände Integration in die Universität. Beim Schnellstart 1992/93 konnte wegen der schwerfälligen Strukturen der Universität, die damals noch ein Staatsbetrieb war, bloss ein privates „an“-Institut geschaffen werden (in dem allerdings auch Offizielle wie der Rektor oder die Regierungsvertreter der beiden Basel mitbestimmten). Mit der Schaffung der autonomen Universität 1998 wurde das fünfjährige Geschöpf ein direkt dem Rektorat unterstelltes Institut „der“ Universität.
Den zweiten Meilenstein setzte die Bologna-Reform. 1993 war das Europainstitut mit einem Nachdiplom-Studiengang gestartet, der zu einem Diplom mit dem Titel „Master in Advanced European Studies“ führte. Im Laufe der folgenden Jahre kamen gegen 500 solcher Diplome zustande. Mit der Einführung von „Bologna“ entwickelte das Institut einen Master ebenfalls zu Europa und ebenfalls in den drei Disziplinen, was im Jahr 2007 zu einer Verdoppelung des Angebots führte und mit der Gefahr verbunden war, dass man mit dem Neuen das Alte konkurrenzierte, also Selbstkannibalisierung betrieb. Doch der mittlerweile zurückgezogene alte Master war ohnehin ein Auslaufmodell, derweil der neue Master zu einem Erfolg wurde und inzwischen Spitzenbelegungen zeitigt. In der nächsten Wegstrecke gelang es, endlich auch ein interdisziplinäres Doktorat in der Phil.- Hist. Fakultät einzurichten.
Der dritte Meilenstein ist der grösste. Er markiert nach zwei Jahrzehnten Aufbauarbeit im April 2013 die Berufung einer neuen Institutsleitung und eine globale Erweiterung des europäischen Fokus, die den Einbezug der zusehends zentral werdenden Beziehungen zu Asien ermöglicht. Das war keine Verabschiedung von Europa, sondern ein zusätzliches Interesse für die Bedeutung Europas in der aussereuropäischen Welt und für die Bedeutung der aussereuropäischen Welt in Europa. Gleichzeitig erfuhr der stark staatsbezogene Ansatz eine Erweiterung ins Kulturelle. Und nachdem in der vorangegangenen Phase der grösste Teil der Kräfte für die akademische Lehre eingesetzt worden war, kann in der neuen Phase die akademische Forschung nun ebenfalls einen wichtigen Platz einnehmen.
Auch im nur kurzen Rückblick kann beeindrucken, wie das Institut mit seinem Sein und Wollen ein kleiner, aber deswegen nicht unwichtiger Reflex auf eine der grossen Herausforderungen einer Welt im Wandel ist.
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Prof. Dr. Georg Kreis war von 1993 bis 2011 Leiter des Europainstituts der Universität Basel, wo er auch weiterhin unterrichtet. 2008 wurde er als Professor für Neuere Allgmeine Geschichte und Schweiter Geschichte am Historischen Seminar der Universität Basel emeritiert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte der europäischen Integration, internationale Beziehungen, Fragen der Identität, Nationalismus sowie die Geschichte des Zweiten Weltkriegs, Genozid, kollektive Erinnerungen und Repräsentationen des Vergangenen.